Ein großer Kreis, viele bunte Karten auf dem Boden – und mitten drin: gespannte Kinderblicke, leises Kichern, neugierige Gesichter. Bevor im Sternenzelt Oberhausen e.V. die Gruppenstunde richtig beginnt, steht immer erst die Befindlichkeitsrunde.
Dafür liegen auf dem Boden farbenfrohe Karten mit kleinen Erdmännchen, die lachen, grübeln, traurig schauen oder wütend wirken. Jedes Kind darf sich eine Karte aussuchen – die, die am besten zur eigenen Stimmung passt. „Diese Karten helfen den Kindern, Worte für ihre Gefühle zu finden“, erklärt Nicole Peters-Bokelmann, die 1. Vorsitzende des Vereins. „Sie bieten viele Möglichkeiten, sich auszudrücken. Und es gibt dabei kein Richtig oder Falsch.“
Manchmal erkennt ein Kind in einem bestimmten Erdmännchen Enttäuschung, ein anderes sieht darin vielleicht Nachdenklichkeit. Und genau das ist gewollt. Die Karten schaffen Raum für individuelle Wahrnehmung und machen sichtbar, was oft unsichtbar bleibt.
„Wir beginnen jede Gruppenstunde mit diesem Ritual“, erzählt Peters-Bokelmann weiter. „Die Kinder sagen, wie sie heißen, wie alt sie sind und wie sie sich heute fühlen. Dabei dürfen sie gerne erzählen, müssen sie aber nicht. Es gibt keine Bewertung, kein Drängen. Aber allein das Angebot, darüber zu sprechen, öffnet schon viel.“
Für die Gruppenleitung ist die Befindlichkeitsrunde ein wertvoller Einstieg. Sie zeigt, wie die Kinder an diesem Tag in die Stunde kommen – ob fröhlich, aufgeregt oder vielleicht still und zurückhaltend. Manchmal entsteht aus einer gezeigten Karte sogar ein Thema für die ganze Runde.
Doch vor allem stärkt das gemeinsame Sprechen über Gefühle das Miteinander. „Wenn die Kinder wissen, wie es den anderen geht, entstehen Nähe und Verständnis“, sagt Peters-Bokelmann. „Das schafft Verbundenheit und Vertrauen. Und genau das brauchen Kinder, um sich sicher zu fühlen.“
In einer Welt, in der die Frage „Wie geht’s dir?“ oft nur eine Floskel ist, sind die Erdmännchenkarten im Sternenzelt ein echtes Gegengewicht. Sie laden dazu ein, einen Moment innezuhalten, in sich hineinzuhören und ehrlich zu sagen: So fühle ich mich heute.
Denn Gefühle zu erkennen und benennen zu können, ist eine wichtige Fähigkeit. Eine, die Kinder hier spielerisch lernen. Oder, wie Peters-Bokelmann es formuliert: „Wenn wir Kindern mitgeben können, auf ihre Gefühle und Bedürfnisse zu achten, dann ist das ein Geschenk, das sie ihr Leben lang begleitet.“
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